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Erstes Vernetzungstreffen online zum Thema CVI

Logo des VzFS AachenEin Anfang ist gemacht – erste Vernetzungstreffen online zum Thema CVI-initiiert durch den Verein zu Förderung Sehbehinderter e.V.

Nach intensiven Vorbereitungen kamen am 07.11.2023 über 70 Menschen online zu dem Thema CVI (Abkürzung von cerebral visual impairment = cerebrale visuelle Informationsverarbeitungsstörung) auf dem Bildschirm zusammen. Auch aus der Schweiz, Österreich sowie Belgien waren Interessierte zugeschaltet.

Nach einer kurzen Vorstellung des Vereins zur Förderung Sehbehinderter e.V. durch Frau Epple (1. Vorsitzende) und der Darstellung, sich dem Thema CVI anzunehmen, gab es einen Minifachvortrag über CVI von Frau Gessert (2. Vorsitzende). Wichtig war noch einmal zu verdeutlichen, dass die Bezeichnung CVI nur auf die Beeinträchtigungen anzuwenden sind, deren Ursache hinter dem Chiasma (die Sehnerv-Kreuzung im Gehirn) liegt. Anschließend schilderte eine Mutter eines betroffenen Kindes sehr eindrucksvoll über die Stolpersteine bis zur Diagnose CVI und die damit verbundenen teilweise Fehlinterpretationen über das Verhalten ihres Kindes, auch bezüglich der kognitiven Einschätzung ihres Kindes, da das Fachpersonal, in diesem Fall aus einem Kindergarten, vor Beratungen zu diesem Thema die Verhaltensweisen des Kindes gänzlich anders interpretiert hat. Sie erzählte aber auch sehr eindrucksvoll, wie nach Beratung und Wissen über die Auswirkungen von CVI sich vieles zum Positiven verändert hat. Sehr viele anwesende Eltern konnten sich gut mit dem Dargestellten identifizieren.

Anschließend begaben sich die Teilnehmer*innen entweder in den digitalen Elternraum oder in den digitalen Raum der Professionellen, um miteinander ins Gespräch zu kommen. In beiden Räumen fand ein reger Austausch statt und das Ergebnis waren vielseitige Themenwünsche. Seitens der Eltern ist ein großer Wunsch über mehr Aufklärung, die auch Augenärzte, Kinderärzte – überhaupt mehr Fachpersonal erreichen soll. Dort erleben Eltern häufig die Situation mit ihren Kindern, dass diese mit ihren Bedarfen nicht angenommen werden bis hin nicht erst genommen zu werden und es auch nicht zu einer richtigen Diagnose kommt. Aber auch die Themen von Förderung, von Nachteilsausgleichen in der Schule, von Beschaffung und Finanzierung von Hilfsmitteln, von der Möglichkeit, die Beeinträchtigung zu simulieren, beschäftigte die Eltern sehr. Im Elternraum war ein großer Bedarf an intensivem Austausch und wurde als sehr wertvoll empfunden.
Im Raum der Professionellen wurde sich auch über das nach wie vor geringe Maß an Aufklärung über CVI bei den Augenärzten, Kinderärzten, bei Sozialpädiatrischen Zentren ausgetauscht und die Wichtigkeit einer guten Diagnostik bestätigt-jedoch ist das zu diesem Thema geschulte Personal zahlenmäßig überall nach wie vor sehr klein. Als sehr wichtig wurde das Netzwerken erachtet, um Informationen zu sammeln, zu tauschen, zu verbreiten und sich gegenseitig zu unterstützen. Es wurde deutlich, dass es auch darum geht, Kenntnis von der jeweiligen Expertise der einzelnen Berufsgruppen zu diesem Thema zu erhalten, um voneinander zu profitieren.
Im Bereich der Orthoptistinnen gibt es eine Zusatzausbildung und Zusammenschlüsse von Orthoptistinnen aus Österreich, Deutschland und der Schweiz, die sich zu diesem Thema austauschen. In Österreich gibt es mittlerweile für die Orthoptistinnen eine CVI Diagnostikbox sowie ein CVI Sreening Tool. In Bereich der Schulen für Sehbehinderte und Blinde wird sich mit dem Thema CVI auseinandergesetzt und auch in unterschiedlichen Netzwerken gearbeitet. In NRW gibt es den Qualitätszirkel CVI, ein Treffen von Kolleg*innen aller Förderschulen Sehen in NRW, um sich bei diesem Thema gegenseitig oder auch mit auswärtigen Referent*innen fortzubilden, zu unterstützen und das Thema weiterhin in die jeweiligen Kollegien zu tragen. In Deutschland hat Frau Prof. Dr. Verena Kerkmann (Hochschule für Gesundheit Bochum) die sogenannte Seh-Lotsen-Sprechstunde am sozialpädiatrischen Zentrum der Klinikum Dormund gGmbH aufgebaut mit dem Ziel, durch interdisziplinäre Zusammenarbeit insbesondere auch unentdeckte Sehbeeinträchtigungen bei den Kindern herauszufinden-und Kinder mit einer cerebralen visuellen Informationsverarbeitungsstörung sind oftmals jahrelang unentdeckt. Alles in allem war der Austausch in den jeweiligen Räumen sehr intensiv und es wurde sehr deutlich, wieviel Bedarf an Austausch es zu diesem Thema gibt. Mittlerweile haben sich mehrere Untergruppen gebildet, die an unterschiedlichen Themen weiterarbeiten.
Ein weiteres Treffen hat am 17.01.2024 stattgefunden, diesmal mit 54 Teilnehmer*innen. Frau Orywal stellte den CVI-Führerschein vor, ein Instrument, um den Bezugspersonen der von CVI betroffenen Kindern die Auswirkung von CVI ohne viele Fachbegriffe gut zu erklären. Ihre Arbeit basiert auf der „Geschichte vom neugierigen KzF-Mechaniker" erklärt von Frau Prof. Rachel Pilling der Universität Bradford, die Frau Orywal ins Deutsche übertragen hat. Das war für alle Anwesenden sehr interessant. Zugang zu dieser Ausarbeitung ist zu finden auf der Website des bebsk (Bundesverband Eltern blinder und sehbehinderter Kinder e.V.) in der Infothek oder direkt bei Frau Orgyval (cvi@bebsk.de) anfragen.*
Für die Zukunft gilt es nun, diese (Online-)Vernetzung weiter auszubauen und zu strukturieren. Ein nächstes Treffen der sogenannten „Orgagruppe", die sich mit der Weiterentwicklung und den Inhalten des Netzwerkes beschäftigt, wird am 29.02.24 um 19:00 Uhr stattfinden.
Gerne können sich alle Interessierte dazu unter info@vzfs.org angemeldet werden. Dann wird der Einladungslink verschickt.
Armgard Gessert


* Anm. d. Red.
Die entsprechende Seite des bebsk zu CVI findet sich hier: https://www.bebsk.de/infothek/diagnosen-die-zur-sehbeeintrachtigung-bis-hin-zur-blindheit-fuhren-konnen/cvi/
Dort gibt es die Downloads zum CVI – Führerschein und die CVI – Inspektionsliste

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