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Lupen, Lampen, Lesegeräte

BFS-NRW LogoBFS-NRW Seminar-Wochenende zum Thema vergrößernde Sehhilfen

Am ersten Novemberwochenende trafen in Werne 13 SeminarteilnehmerInnnen, 2 BFS-NRW-OrganisatorInnen (Ulrich Zeun & Elisabeth Krych) und ein Referent (Horst Hülsmann) im Tagungshotel am Kloster ein, um alles rund um den Bereich vergrößernde Sehhilfen zu erfahren oder zu verkünden.

Am Freitagabend gab es eine kurze Einleitung zu den Beschaffungs- und Finanzierungsmöglichkeiten der vergrößernden Sehhilfen von Hr. Zeun, Lehrer an der Förderschule Sehen in Dortmund und selbstbetroffenes BFS-NRW-Mitglied, und Hr. Hülsmann, einem Optikermeister und Fachberater für Sehbehinderte (a.D.). Leider ist festzustellen, dass bezüglich der Krankenkassenbewilligung für den privaten Bereich nichts Eindeutiges über, was, in welcher Höhe und unter welchen Bedingungen von welcher Kasse bezahlt wird. Natürlich ist eine Verordnung über vergrößernde Sehhilfen (gelbes Formblatt Verordnung 8a, nicht 8 in grün) vom Augenarzt ausstellen und möglichst konkret die benötigte Sehhilfe aufschreiben, sowie unbedingt den Vergrößerungsbedarf benennen und die WHO-Klassifikation eintragen zu lassen. Es ist aber nicht genau vorauszusehen, welche Kasse wie entscheidet, da es immer noch sehr von der einzelnen Krankenkasse, Sachbearbeitern oder der zentralen Bewilligungsstelle abhängt. Bildschirmlesegeräte werden oft aus einem Pool der Kasse bereit gestellt, entsprechen dann aber keineswegs dem erprobten Wunschgerät. Auf einen Widerspruch sollte man sich vorbereiten und auch einreichen. Es gibt Sockelbeträge für Hilfsmittel, die die Krankenkassen bezahlen, die Differenz zu höheren Kosten soll dann der Nutzer selbst tragen. Auch wenn dies so ist, zeigen Erfahrungen, dass es manchmal doch Sinn macht, eine individuell gewährte komplette Kostenerstattung auszuhandeln. Es sollte einem bewusst sein, dass auch bei Zuzahlung die Hilfsmittel im Besitz de Krankenkasse bleiben.


Foto: Das Plenum bei einem Vortrag von Horst Hülsmann (UZ)

Horst Hülsmann gab noch einen Überblick, welche Schritte bei einer Low-Vision-Fachberatung durchgeführt werden, um zu einer bestmöglichen Versorgung mit Sehhilfen zu gelangen. Unter den verschiedenen funktionalen Sehtests ist der Vergrößerungsbedarftest (SZB-Test zum Messen des Vergrößerungsbedarfs) recht aufschlussreich, um festzustellen, welche Vergrößerung mit einem Hilfsmittel erreicht werden muss, um ermüdungsfrei und entspannt zu lesen. So wurde für jene, die es wollten, am nächsten Vormittag dieser Test auch durchgeführt.

Der Abend klang danach mit weiteren Gesprächen und Getränken aus.

 
Foto: Eine Auswahl an Stand- und Handlupen mit Beleuchtung. (UZ)

Der Samstag war mit mehren Themenblöcken zu „Lupen & Lupenbrillen“, „Licht & Leuchten“, „Filtergläsern“, „Tablet-PC & Smartphone als Bildschirm-Lesegeräte“ vollgepackt, aber durch die ausgiebigen Phasen zur Hilfsmittelerprobung bei gleichzeitig fachkundiger Beratung durch die anwesenden Referenten schneller vorbei als gedacht. In den Pausen war immer wieder eine Stärkung mit Kaffee, Getränken, Süßigkeiten (das Eis habe ich leider verpasst!) und natürlich mit einem Mittagsessen möglich.


Foto: Nahaufnahme als Fernrohr- und Luepnebrillen gezeigt werden. (UZ)

Aber der Reihe nach: vormittags ging es mit einem ausführlichen Vortrag von Hr. Hülsmann über vergrößernde Sehhilfen und dem Schwerpunkt „Lupen und Lupenbrillen“ los. Interessant war unter anderem, dass so bezeichnete asphärischen Gläser (elliptischer Querschnitt des Lupenglases) helfen die Verzerrungen am Bildrand zu mindern oder zu vermeiden, dass es immer gut sei, zu einer Lupe mit einer Lupenbrille zu versorgen, da sich die Vergrößerungen der Sehhilfen addieren, so dass die Lupe dann z.B. auch nicht mehr so stark sein muss.

Die vorgestellten Lupenarten und Lupenbrillen waren alle vorhanden und wurden von den Teilnehmern ausgiebig ausprobiert und auf ihre Geeignetheit für sich selbst getestet.


Foto: Herr Hülsmann zeigt und erklärt die Anwendung von Lupenbrillen. (UZ)

Am Nachmittag konnten wir Andreas Hurraß begrüßen, der über seine Firma schon seit langen Sehhilfen von Schweizer Optik vertreibt. Er war jedoch eingeladen, über Licht und Beleuchtung für Menschen mit Sehbehinderung zu sprechen. Dabei ging er auf den erhöhten Lichtbedarf Sehbehinderter ein und auf die neueren Erkenntnisse, dass das kurzwelligere, energiereichere blaue Licht bei zu langem Gebrauch der Netzhaut schaden könne (vgl. Visus 3/18, UB-Schutz, S. 20). Dies trifft dann auch für viele handelsüblichen LED-Leuchten zu, die für Sehbehinderte wegen der fast nicht vorhandenen Erwärmung geeignet sind und wegen der hellen Lichtfarbe favorisiert werden. Hr. Hurraß stellte die von ihm vertriebenen Prolyx-Leuchten vor, die den hohen Lichtbedarf decken (z.B. mit einem Hochvolt-Halogenleuchtmittel), die blauen Lichtanteile filtern oder eine gute Ausleuchtung des Tisches/Lesematerials haben; dabei sind 2 Leuchten kurz vor Markteinführung, eine mit veränderlichem Lichtkegel, eine andere mit speziellen Blaufilter.


Foto: Herr Hurraß trägt über Licht und Beleuchtung vor. (UZ)

Diese und weitere LED-Arbeitsplatzleuchten stießen auf reges Interesse. Hr. Hülsmann hatte u.a. dimmbaren LED-Leuchten von Daylight (Tageslicht-Arbeitsplatzleuchte XL) und Eschenbach (economy vision LED, mehrere Lichtfarben möglich) mitgebracht.

 Foto: Es gab starkes Interesse an den von Hr. Hurraß ...

 ... und Herrn Hülsmann mitgebrachten Leuchten. Im Bild hier wird gerade darüber beraten. Im Vordergrund stehen E-Lupen. (UZ)

Auch der anschließende Themenbereich zu Kantenfilterbrillen und Filtergläsern, referiert wieder von Hr. Hurraß, wurde in der Erprobungsphase anhand der vielen vorliegenden Exemplare ausgiebig von den TeilnehmerInnen selbst getestet. Während für das Erkennen der Lichtstärke der Leuchten noch die Jalousien geschlossen waren, konnte nach Öffnen dieser jeder dank des grellen tiefstehenden Sonne erfahren, welcher Filtertyp für ihn oder sie gegen Blendung oder zur Kontraststeigerung am besten wäre, aber auch dass durch die Filter mit Farbverfälschungen beim Sehen zu beachten sind.

   
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Fotos: Probierkasten mit Lupen- und Kantenfilterbrillen und Ausprobieren einer Filterbrille. (UZ)

Zum Thema Nutzung von Tablets-PCs und Smartphone als vergrößernde Sehhilfen und zu Bildschirmlesegeräten (ja, man kürzt letzteres in Insiderkreisen „BLG" ab) gab U. Zeun eine kurze Einführung über die üblichen Modellvarianten. Ein modernes Standgerät mit Texterkennung und Sprachausgabe konnte ausprobiert werden. Die E(lektronischne)-Lupen mit mittelgroßen Monitoren und bis zur A4-Größe stellen eine Zwischenlösung zu den kleinen mobilen E-Lupen dar. Auf mehr und großes Interesse stießen aber die von Herrn Kellermann von der Firma A.L.U. aus Hamm in Westfalen vertriebenen und dankenswerterweise mitgebrachten Tablet-Lesegeräte (2 Systeme mit Android- und eines mit Apple-Tablet; vgl. SightCity-Berichte in den vergangenen Visus-Ausgaben).

 Foto: Demonstartion einer Leuchte mit Tageslichtleuchtfarbton. (UZ)

Gegen halb 7 Abends war das Tagespensum geschafft und wir konnten uns auf das leckere warme Abendmenü freuen. Die aufgestaute Anstrengung durch den  umfangreichen Informations- und Erlebnis-Input vom langen Tag entlud sich in einigen witzigen Bemerkungen und Situationskomiken beim gemütlichen Tagesausklang in der Maxi-Bar (so die vom Hotel betitelte aus den Zimmern in den Etagenvorraum verlagerte Minibar).

Der Sonntagvormittag war durch einen Vortrag zu Modellen, Bauweisen und anderen Verwendungstipps von und für Monokulare von U. Zeun mit anschließendem Ausprobieren der kleinen und großen Monokularmodelle mit unterschiedlichen hohen Vergrößerungen gefüllt. Die Nutzung von 2x vergrößernden Teleobjektiven für Digitalkameras zur einfacheren Handhabung konnte genauso getestet werden wie Ferngläsern als Alternative. Darüber hinaus lagen auch einige Fenrohrbrillen und eine so genannte TV-Brille bereit, um zu schauen, ob dies ein nutzbares Hilfsmittel für spezifische Seh-Anwendungsfelder wie Handwerken, Notenlesen oder Fernsehen wäre.

  
Foto: viele weitere Lupen und E-Lupen sowie ein Bildschirmlesegerät mit Texterkennung und Sprachausgabe konnten ausprobiert werden. (UZ)

Dass alle so aufmerksam und interessiert das Wochenende durchgehalten haben – manche schafften es trotzdem noch an den Werner Gradierwerken salzhaltige Luft zu schnappen – ist dem guten Essen, Kaffee oder Tee und Service im Hotel zu verdanken; vielleicht ja auch an den gut vorgetragenen Inhalten der Referenten, deren vieler mitgebrachter Sehhilfen zum Ausprobieren und den praktischen Tipps.

Die Rückmeldungen der Teilnehmer am schlusslassen dies zumindest auch vermuten. Ein Teilnehmer resümierte sogar, dass er mehr erfahren habe, als er erwartet hatte. Was will man mehr als Planer und Organisator. Danke an alle …

… und der Knappschafts-Krankenkasse für die Selbsthilfeförderung des Seminars.
Logo der Knappschaft KrankenkasseUlrich Zeun

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